Montag, 28. November 2011

Iquique - San Pedro de Atacama

Mein Condor war bereit, ziemlich überladen wie ihr seht und auch ich war voller Motivation die nächsten 2 harten Wochen in Angriff zu nehmen.

Um die Lagunenroute zu fahren, musste ich natürlich zuerst wieder nach Bolivien und dies stellte sich als schweieriger vor als ich gedacht hatte. In den erstn 2 Tagen fuhr ich zuerst auf der Hauptstrasse und dann dem asphaltiertem Zubringer zur Collahuasi Mine nur bergauf, erste Nacht auf 1800m, zweite bereits auf 4200m, in 40 km war dies ein teilweiser sehr steiler Anstieg. Ich kam langsamer vorwärts als erwartet, obwohl in Pozo Almonte noch einmal auf 14l nachgefüllt, fürchtete ich das Wasser werde bis zum Posten der Carabineros nicht ganz reichen. Die zweite Nacht verbrachte ich auf einem Parkplatz im Windschutz von heiligen San Lorenzo, ein guter Platz um bei den haltenden Lastwagen und Pickupfahrern auf dem Weg zur Mine etwas Wasser zu erbetteln. Ich hoffte so ein, zwei Liter zu erhalten um sicherzugehen dass es reicht, plötzlich wurde ich mit Spenden überhäuft und meine Reserven waren bis zum letzten Tropfen gefüllt :-) Als Velofahrer hier hat man Bonus, in den 2 Tagen erhielt ich: 2 Brötli, 2 Scheiben Schinken, 2 Scheiben Käse,2 Joghurt, 2 Sandwichs, 1 Pack Suppe, 1 Portion Nescafe, eine Birne, 13 Teebeutel, 1.5l Coca Cola, 0,5l Fanta, 1l Apfelsaft und 8l Wasser...


Die Route Iquique - Ollague ist bei Velofahrern nicht gerade beliebt, nach Auskunft des netten Carabineros kommen ungefähr 2 pro Jahr hier durchgeradelt... "El Camino es muy malo" gab er mir noch auf den Weg, nahm meine Daten auf und wenn ich mich in 3 Tagen nicht in Ollague melde, schicke er einen Suchtrupp los.  Die ersten 15 km entlang der Collahauasi Kupfermine waren super, was hat der mir bloss Angst gemacht? Aber dann... Gefühlte 80 der folgenden 85km, gemessene 10 - 15 km, bestand die Oberfläche des "Camino Internacional" aus tiefem Sand, ich schob, zerrte, murkste und fluchte meinen schweren Condor vorwärts, auch in der Abfahrt war teilweise nichts mit fahren.

Die Tage waren sonnig, die Nächte eiskalt, eine Eisschicht überzog jeweils mein Zelt, alle Flaschen ausserhalb des Zeltes durchgefroren, die letzten Eisreste tauten so gegen 11 Uhr morgens auf. Auch die Haberbrei Pfanne abwaschen konnte ich vergessen, die paar Wassertropfen gefroren sofort und ausser durchgefrorenen Fingern erreichte ich gar nichts...
Irgendwann kam ich zur verlassenen Zugstation von Yuma, aber dort warteten nicht Russel Crowe mit ein paar schiesswütigen Pistoleros, sondern nur ein paar verwundert, oder eher belustigt, dreinschauende Vicuñas die mein mühsames Vorwätskommen beobachteten.

Kurzzeitig wechselte ich aufs stillgelgte Eisenbahngeleis, aber dort war der Sand noch weicher. Irgendwann wurde die Oberfläche wieder etwas härter und fahrbar, am 4. Tag seit Iquique radelte ich bereits ziemlich müde im windumtosten Ollagüe an der Grenze zu Bolivien ein.
Was nun?

Ich wusste, wenn Lagunenroute dann brauche ich einen Ruhetag, Ollagüe ist nicht der beste Ort dafür, aber Hauptsache meine Eigenen- und Fotobatterien aufladen. Dies war Plan A. Plan B: mit Rückenwind nach Uyuni und direkt nach Argentinien, Salta ruft mich... Ich tat mich sehr schwer mit der Entscheidung, Verstand sprach für Lagunenroute, schliesslich war ich fit, hatte immer noch genügend Proviant, Wetter sah gut aus und diese Route war mir wichtig, habe ich ja auch schon hier im Blog betont. Dass ich nach 2 Tagen Velo durch Sand schieben keine Lust mehr darauf hatte, wollte ich einmal ausser acht lassen. Aber da war so ein Gefühl, konnte es auch nicht näher definieren, das sprach dagegen. Schlussendlich warf ich ein Münze, die Entschied für Lagunenroute, da wusste ich, ich werde sich NICHT fahren... Ich konnte mich also zwischen Plan A und Plan B nicht entscheiden, also nahm ich Plan C zur Hand, auf chilenischer Seite nach San Pedro de Atacama.





So fuhr ich bereits am nächsten Tag wieder raus in die Anden, entlang von wunderschönen Salaren und Lagunen mit Flamingos, umgeben von teilweise rauchenden oder sonst imposanten Vulkanen. Die Strasse war einigermassen gut, jedenfalls alles fahrbar.
Bei dem letzten grossen Windschutz bietenden Stein zeltete ich.

Schon am Mittag fühlte ich plötzlich, uiiii, nicht gut, sofort Velo deponieren und ab in die nicht vorhandenen Büsche. Dies wiederholte sich in den nächsten 2 Tage ein paarmal, zum Glück hatte es kaum Verkehr in der steinigen, schutzlosen Atacama Wüste, aber ganz ungesehen kam ich nicht davon...

Danke an meinen Schutzengel oder wer auch immer mir dieses Gefühl eingeflüstert hat, zur ganzen sandigen Lagunenroute wäre dies wahrscheinlich zuviel gewesen. Nach 2 weiteren nicht mehr ganz so kräftigen Tagen fuhr ich auf der Teerstrasse von Calama her in San Pedro de Atacama ein und wieder war es ein touristischer Schock. Vor fast 6 Jahren traf ich hier an der Grenze Brigitte und Ivo und wir teilten uns nach einigem Suchen ein eingermassen bezahlbares Zweierzimmer, diesmal fand ich eine Möglichkeit zu campieren und konnte mich gemütlich in einer Ecke eines Hotelgarten einrichten.

Diesen Platz unter Sonnenschirm und Baum verliess ich gestern eigentlich nur 3 Mal, Früchte und Joghurt kaufen, Bäckerei suchen und nach 16 Uhr noch einen Velo Ausflug ins Valle de la Luna. Dies war sehr schön, Wind und die spärlichen aber dann heftigen Regengüsse in "der trockensten Wüste der Welt", wie hier überall betont wird, haben eindrückliche Formationen und Landschaften geschaffen. Ganz untätig war ich aber nicht, am Morgen kam ich meinem offenbar neustem Hobby nach, nähen... Etwa zum 6. Mal meine Hosen, der braune Faden ist jetzt fertig, Jacke und Zeltsack waren diesmal an der Reihe, ebenfalls habe ich mit meiner alten Zahnbürste versucht die Reissverschlüsse meines Zeltes vom zerstörenden Sand zu reinigen.

Heute ist Ferientag, Pancakes zum Frühstück, Buch fertig lesen, Brötli backen, Fruchsaft und Kuchen auf der Plaza geniessen und blogen. Fühle mich nach diesen knapp 2 Tagen viel erholter als nach 3 Tagen in Iquique, es ist schön hier einfach zu entspannen, während alle andere Touristen von Tourenagentur zu Agentur rennen und sich den Aufenthalt hier mit Programm füllen müssen, die Velofahrer machen es gerade umgekehrt. Zuerst wollte ich den El Tatio Geysir auf meinem Weg nach San Pedro mit dem Velo ansteuern, habe ich dann wegen fehlender Kraft gelassen. Überlegte mir dann halt von hier aus eine Tour zu buchen, aber als ich dann gestern Abend mit etwa 300 Touristen auf der grossen Düne stand um den Sonnenuntergang zu betrachten und mir überlegte morgen mit 100 von ihnen am Geysir zu stehen, neeeeeein, brauche ich nicht. Werde noch genug schöne Flecken Chile sehen.




Wahrschenlich fahre ich morgen weiter, über den Paso Sico und wahrscheinlich Abra del Acay nach Salta. Habe vorhin noch einen Velofahrer getroffen, auch Arnaud den ich ich bereits aus La Paz kenne ist hier, mal schauen ob wir uns für ein paar Tage zusammenschliessen. Mit den 2 Belgiern müsste ich wohl mein Französisch wieder reaktivieren :-(
Auch Gerald Ciolek, Gümmeler Profi aus dem Quick- Step Team mit seinem S-Works Venge habe ich zu dieser Route eingeladen, aber er fährt morgen nach 3 Wochen Höhentraining mit Sonnen-Garantie in San Pedro wieder zurück nach Deutschland und nicht mit uns nach Argentinien, wäre auch etwas schwierig an seiner Rakete Saccochen anzubringen.

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